Erinnerungskultur

Die Stadt Klagenfurt sieht es  als wichtige Aufgabe, sich mit den Ereignissen der Vergangenheit aktiv auseinander zu setzen und Zeichen gegen das Vergessen und Verdrängen des NS-Regimes zu setzen. Die Erinnung an die Verbrechen muss Mahnung für die Zukunft sein und uns helfen, Rassismus und Unmenschlichkeit schon früh zu erkennen und zu bekämpfen.

In den letzten Jahren wurden die Sanierung des jüdischen Friedhofs veranlasst und die Verlegung von Stolpersteinen für von den Nazis ermordete KlagenfurterInnen gefördert. Zudem wurde am Ort des ehemaligen jüdischen Bethauses in der Platzgasse eine würdevolle Gedenkstätte geschaffen. Jährlich im Jänner veranstaltet die Stadt Klagenfurt eine Gedenkveranstaltung anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages und städtische Delegationen nehmen jedes Jahr bei den Befreiungsfeiern des Konzentrationslagers in Dachau – einer Partnerstadt von Klagenfurt – sowie bei den Befreiungsfeiern der ehemaligen Konzentrationslagern am Loibl-Pass teil.

Mit all diesen Aktivitäten steht Klagenfurt für eine weltoffene und friedensorientierte Gedenkpolitik, die für andere Städte beispielgebend werden soll.

Abteilung Präsidium

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Bei der Gedenk- und Erinnerungskultur soll es in Klagenfurt einen konsequenten Weg geben. Deshalb hat die Stadt 2013 einen eigenen Beirat installiert, der eine beratende Funktion für die Stadtpolitik einnimmt.

Vorsitzender:

  • Univ. Prof. Dr. Peter Gstettner (Er engagiert sich seit Jahrzehnten im Mauthausen-Komitee-Kärnten/Koroška, hat den Verein Memorial-Kärnten-Koroška gegründet. Die Gedenkstätte beim Mauthausen-Außenlager Loibl-Nord geht ebenfalls auf seine Initaitive zurück.)

Weitere Mitglieder des Beirates sind: 

  • Dr.in Nadja Danglmaier (Pädagogin, Netzwerkkoordinatorin von www.erinnern.at)
  • Prof. Vinzenz Jobst (Erwachsenenbildner, Geschäftsführer des Instituts für die Geschichte der Kärntner Arbeiterbewegung, Gründungsobmann Memorial-Kärnten-Koroška)
  • Mag. Helge Stromberger (Kulturwissenschafter)
  • Regina Taupe (KZ-Verband)
  • Manfred Morokutti (Obmann Mauthausen Komitee Kärnten)
  • Mag. Heinz Pichler (Bildungsreferent AK und Obmann Armutsnetzwerk)
  • Mag. Erich Wappis
  • Mag. Harald Fasser 

Der Beirat soll Vorschläge für eine zukunftsweisende Erinnerungskultur unterbreiten, bei der Umsetzung von Aktivitäten helfen sowie die Landeshauptstadt auf dem Weg zu historisch aufgeklärten Denken und Handeln in Sachen Erinnerungs- und Denkmalkultur begleiten.

Sie erinnern an die Opfer des Nazi-Regimes, an die Opfer des Holocaust und setzen ein Zeichen für Klagenfurter Mitbürgerinnen und Mitbürger, die ermordet wurden. Das war und ist der Stadt ein Anliegen. Die Namen und Schicksale dieser Menschen sollen wieder sichtbar werden. Deshalb hat sich die Landeshauptstadt Klagenfurt dem europaweiten Projekt des Künstlers Gunter Demnig angeschlossen. Er verlegt vor dem letzten selbstgewählten Wohnort der Opfer Erinnerungssteine. Es sind Pflastersteine mit Messingplatten mit Namen, Daten und Schicksal, die in den Gehsteig verlegt werden. So sind die Opfer wieder sichtbar, ihr Schicksal wird nicht mehr verdrängt und „wer lesen will, muss sich bücken und so vor den Toten verbeugen”, sagt der Künstler. Inzwischen liegen Stolpersteine in ganz Europa. Mit über 90.000 Steinen in mehr als 2.000 Orten in 24 Ländern Europas hat Demnig damit auch das größte dezentrale Kunst-Erinnerungswerk geschaffen - Klagenfurt ist ein Teil davon!

Mehr Informationen unter https://www.stolpersteine.eu/

Erinnerung bewahren - Stolpersteine in Klagenfurt

Wie in vielen anderen Städten, so gibt es auch in Klagenfurt eine Reihe von Straßennamen, die im Zusammenhang mit dem Nazi-Regime stehen. Die Stadt Klagenfurt will sich damit kritisch auseinandersetzen und überlegen, wie künfitg mit diesen Manifestationen der Vergangenheit im Stadtbild umgegangen werden soll. Der Klagenfurter Gedenkbeirat hat diese in einer Liste zusammengefasst. Nachstehend finden Sie alle diese Straßennamen.

Franz Aberl, geboren am 15. Dezember 1912, gestorben am 16. Juni 1983, war im Zivilberuf Beamter der Kärntner Landesregierung und wirkte daneben im Gemeinderat der ehemaligen Gemeinde Wölfnitz als Vizebürgermeister.

Gemeinderatsbeschluss vom 26. 6. 1983.

Von der Hallegger Straße nach Nordosten.

Der Gemeinderat benannte am 13. Dezember 1980 den seit dem 28. März 1974 Donauschwabengasse (siehe Donauschwabenweg) genannten Verkehrsweg nach der damals dort befindlichen „adidas“-Fabrik. Adolf Dassler (3. November 1900 bis 6. September 1978) gründete 1920 in Herzogenaurach bei Nürnberg einen Familienbetrieb zur Erzeugung von Hausschuhen und daraus 1948 nach der Trennung von seinem Bruder die Firma "adidas", die Weltgeltung erlangte und nach einem Zwischentief seit 1995 zur weltweiten Nummer 2 der Sportartikelhersteller avancierte.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde in seiner Fabrik die Panzerabwehrwaffe "Panzerschreck" hergestellt, wofür auch französische Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. 1945 zunächst als "belastet" eingestuft, galt er bald nur mehr als "Mitläufer" und konnte so seinen Betrieb weiterführen.

Von der Keutschacher Straße nach Norden.

Durch Beschluss des Gemeinderates vom 4. Juni 1975 wurde ein Teil des Kirschhofweges nach dem bekannten Volksliedforscher und Musikpädagogen Prof. Anton Anderluh benannt. Anderluh, der am 11. März 1896 in Klagenfurt geboren wurde und am 3. Jänner 1975 daselbst starb, hat vor allem eine umfangreiche Sammlung von Kärntner Liedern hinterlassen. Er wurde u. a. mit der Goldenen Medaille der Stadt Klagenfurt ausgezeichnet.

1939 bis 1945 war er Landesleiter der Reichsmusikkammer sowie Leiter der Gebietssingschar der Hitlerjugend im Range eines Hauptgefolgschaftsführers und wurde 1945 von den Engländern im Lager Wolfsberg interniert.

Von der Sterneckstraße zur Kinkstraße.                                     

Franz Palla wurde am 29. Juni 1876 in Zell am See geboren, studierte Medizin und wurde am 17. Februar 1902 in Innsbruck promoviert. An der dortigen Universität arbeitete er von 1902 bis 1910 als Assistent unter den Professoren Gussenbauer (siehe Gussenbauergasse) und Schloffer und erhielt 1910 das Facharztdiplom. Am 1. Mai desselben Jahres ließ er sich als Chirurg in Klagenfurt nieder und wurde gleichzeitig zum Primararzt der Chirurgischen Abteilung des Landeskrankenhauses bestellt, die er mit kurzer Unterbrechung bis zum 1. Juni 1946 leitete. In diesen rund 35 Jahren wurden an seiner Abteilung an die 70.000 Operationen verzeichnet.

Im NS-System führte er Zwangsabtreibungen und -sterilisationen durch. Dr. Palla, indessen zum Hofrat ernannt, starb am 23. April 1947. Er war infolge seines hohen fachlichen Könnens weit über die Grenzen Kärntens hinaus bekannt. Die Straße hieß früher (zusammen mit der Mondgasse) Glangasse, weil sie zur Glan führte und bei der Spitalmühle erreichte. Diese Mühle wurde 1883 bei der Glanregulierung abgerissen. Die Verbindung der Glangasse mit dem St. Veiter Ring wurde 1889 hergestellt (siehe auch Mondgasse).

Vom St. Veiter Ring zur Kraßniggstraße.

 

Dr. Friedrich Ferdinand Dörflinger, am 25. September 1879 in Feldkirchen geboren, wirkte als Rechtsanwalt in Klagenfurt. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Artillerieoffizier teil und war später Abwehrkämpfer. Als Mitglied des provisorischen Landesausschusses stellte er am 5. Dezember 1918 den Antrag, dem Eindringen der jugoslawischen Truppen mit allen Kräften entgegenzutreten. Bis 1930 war er Landtagsabgeordneter eines Zweckbündnisses zwischen dem Bauernbund, der Großdeutschen Volkspartei und der DNSAP, einer demokratisch gewählten Vorgängerorganisation der NSDAP. Am 29. Juni 1945 wurde er von Männern in englischer Uniform zu einer angeblichen Auskunftserteilung aus seiner Wohnung verschleppt und ermordet.

Gemeinderatsbeschluss vom 10. 3. bzw. 22. 12. 1998.

Von der Kirchengasse nach Osten.

Der Begründer der wissenschaftlichen Volkstumsforschung in Kärnten, der ehemalige Landesschulinspektor Hofrat Dr. Georg Graber, wurde am 15. April 1882 in Pörtschach geboren und wirkte als Pädagoge in Klagenfurt, wo er auch am 27. August 1957 starb. Graber leistete auf dem Gebiete der Sagen, Märchen und Volkslieder Kärntens umfassende Arbeiten. Er empfing für seine Arbeit zahlreiche Ehrungen und war u. a. Ehrenmitglied der Universität Innsbruck und Ehrenbürger der Gemeinde Pörtschach.

Im NS-System hat sich der deutschnational orientierte Forscher vor allem volkstumspolitisch in verschiedenen Institutionen stark engagiert; Kelten- und Germanenmythos nehmen in seinem Werk einen zentralen Stellenwert ein.

Stadtratsbeschluss vom 9. 8. 1960.

Von der Akazienhofstraße nach Westen.                                 

Der ungemein verdienstvolle Historiker und Landesarchivar Dr. Martin Wutte wurde am 15. Dezember 1876 als Sohn eines Bauern in Obermühlbach geboren. Er studierte Geschichte und deutsche Sprache, erwählte aber bald die historische Geographie zu seinem Lebensinhalt. 1904 kam er als Gymnasiallehrer nach Klagenfurt und stellte sich hier dem Geschichtsverein zur Verfügung, dessen ehrenamtlicher Sekretär er von 1907 bis 1938 war. Von 1914 bis 1938 redigierte er die „Carinthia I“. 1919 gehörte er der österreichischen Delegation bei den Friedensverhandlungen in St. Germain bei Paris an, 1922 folgte er August Jaksch als Direktor des Kärntner Landesarchivs. Aus seiner Feder stammen viele hundert wissenschaftliche Arbeiten, Aufsätze und Abhandlungen; er verfasste das Standardwerk "Kärntens Freiheitskampf" über die Abwehrkämpfe und die Volksabstimmung.

Im NS-System war der deutschnational gesinnte Wutte Mitbegründer des Instituts für Kärntner Landesforschung mit. Er starb am 30. Jänner 1948 in Klagenfurt.

Von der Pischeldorfer Straße zur Steingasse.

Der Kunst- und Kulturhistoriker Ernst Diez wurde am 27. Juli 1878 in Lölling/Kärnten geboren und starb am 8. Juli 1961 in Istanbul. Diez war als Universitätsprofessor für asiatische Kunst von 1926 bis 1939 in den USA (Cleveland, Philadelphia), ab 1939 in Wien und ab 1943 in Istanbul tätig.

Zu seiner Zeit angesehen, ist er heute aufgrund umstrittener Methoden und Schlussfolgerungen nahezu vergessen.

Von der Ziegeleistraße nach Norden. 

Der am 13. Oktober 1878 in Wolfsberg geborene Franz Pehr war zunächst Volksschul- dann Fachlehrer und zuletzt Direktor der Knabenhauptschule in Villach; er ging 1938 als Schulrat in Pension und starb am 11. Juli 1946 in seiner Geburtsstadt. Pehr war ein vielseitig an Kärnten Interessierter; neben Mineralogie, Geologie, Heimatgeschichte und Landschaftsnamen befasste er sich mit Käferkunde und vor allem mit Botanik; vier Moosarten sind nach ihm benannt. Auf allen diesen Gebieten hat er Arbeiten veröffentlicht, ebenso über Sagen.

Gemeinderatsbeschluss vom 22. 5. 1980.

Von der Großbuchstraße nach Westen.            

Kärntens Natur- und Arbeiterdichter wurde am 4. Dezember 1895 in Tangern bei Seeboden geboren und starb am 11. Jänner 1969 in Spittal. Trotz mangelhafter Schulbildung setzte sich sein starkes Talent durch, das vor allem als gedankenreiche, originelle Poesie zum Ausdruck kam. Mit Humor und Ernst behandelte er Autobiographisches ebenso wie das Leben in der Heimat, die überall den Hintergrund seines Schaffens bildet. Als Ortsgruppenleiter der NSDAP wurde er 1945 im Lager Wolfsberg interniert. Die Straße hieß bis zur Eingemeindung 1973 Ludwig-Uhland-Gasse (siehe Uhlandstraße).

Von der Kerbacher Straße zur Rotschitzenstraße.

Mit dem Erinnern an die schrecklichsten Zeiten des 20. Jahrhunderts will Klagenfurt ein klares Zeichen gegen Rassismus und Völkermord setzen. Die Stadt stellt sich ihrer Verantwortung, einer Arbeit wider das Vergessen und der Aufklärung der Jugend.

Neben vielen anderen Initiativen gibt es rund um den Internationalen Holocaust-Gedenktag jedes Jahr im Jänner eine Gedenkveranstaltung der Stadt als Erinnerung und Mahnung, wohin Rassenwahn führen kann. Für die Stadt Klagenfurt gilt es bewusst zu machen, dass jeglichem Fanatismus der sich gegen Menschen richtet, beherzt und vehement entgegengetreten werden muss.

Das Gedenken an die Opfer der NS-Gräuelzeiten und an die ehemalige jüdische Gemeinde Klagenfurts soll in der Stadt verankert sein. Deshalb wurde von der Landeshauptstadt der israelitische Friedhof saniert, an der Stelle des einstigen jüdischen Bethauses eine würdige Gedenkstätte errichtet.

Für einen Klagenfurter, der vor den Nazis fliehen mußte, nach dem 2. Weltkrieg aber mit seiner Heimatstadt wieder eng verbunden war, gibt es eine Gedenktafel.

Das jüdische Bethaus in der Klagenfurter Platzgasse war einst das Zentrum des kulturellen und religiösen jüdischen Lebens in der Landeshauptstadt. Im Zuge der Novemberprogrome am 9. und 10. November 1938 vernichteten die Nationalsozialisten in Deutschland und Österreich  über 1.400 Synagogen, jüdische Friedhöfe,  verwüsteten tausende Geschäfte und Wohnungen, ermordeten 400 jüdische Menschen und trieben zahlreiche in den Selbstmord.  Auch das 1905 errichtete jüdische Bethaus in der Platzgasse wurde verwüstet, Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg zerstörten es komplett. Heute befindet sich dort ein Parkplatz, 2015 errichtete die Stadt Klagenfurt dort eine würdige Gedenkstätte. 

Das NS-Regime hat die jüdische Gemeinde in Klagenfurt, das jüdische Leben ausgelöscht. Bis 1938 wurden jüdische Bürgerinnen und Bürger am israelitischen Friedhof in St. Ruprecht besetattet. Familienmitglieder der später deportierten und ermordeten Klagenfurter Jüdinnen und Juden haben hier ihre letzte Ruhestätte.

Die Stadt Klagenfurt wollte die Spuren der Menschen, die einst hier gelebt haben, wieder sichtbar machen. Und damit auch daran erinnern, dass viele Verwandte und Nachkommen der hier Bestatteten in den Vernichtungslagern der Nazis sterben mußten und kein Grab haben. 2012 wurde der Israelitische Friedhof restauriert, saniert und ist seitdem wieder würdevolle Totengedenkstätte. Die Übergabe erfolgt am 8. Mai 2012, am Jahrestag des Kriegsendes.

Errichtet wurde der jüdische Friedhof 1895, Besitzer ist die Landeshauptstadt, nutzungsberechtigt die Israelitische Kultusgemeinde. 97 Grabsteine und fünf Gedenktafeln befinden sich dort, außerdem sind hier 24 jüdische Mitstreiter des Kärntner Abwehrkampfes (1918 bis 1920) bestattet.

Sowohl der Friedhof als auch das Grabmal von Adolf Preis (Architekt Siegmund Schiffler) stehen unter Denkmalschutz. Die Sanierung der Außenmauer, der Gedenktafeln, dem Tor und der Grünanlage erfolgte in enger Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt.

Der Klagenfurter Fred Reinisch war der letzte Jude aus der Landeshauptstadt, der dem Holocaust entkommen ist. Seiner Heimatstadt blieb er bis zu seinem Tod im Jahr 2017 eng verbunden. In seiner Heimatstadt wurde er als Jude gedemütigt und vertrieben - trotzdem blieb er Klagenfurt immer verbunden. Er wurde 1921 in St. Ruprecht geboren und verstarb 2017 in Florida (USA).  1938 kurz vor dem Novemberpogrom gelang Reinisch die Flucht vor den Nazis. Mit den Alliierten kam er nach dem Krieg zurück nach Klagenfurt und half, wo er nur konnte.  Obwohl er in der USA eine neue Heimat gefunden hatte, zog es ihn jahrzehntelang im Sommer zu Besuch nach Klagenfurt.
Zur Erinnerung an Fred Reinisch wurde am Israelitischen Friedhof in St. Ruprecht eine Gedenktafel enthüllt. Initiiert hat dies Autorin Ilse Gerhardt, die selbst auf jüdische Wurzeln zurückblicken kann.