5 Fragen an... Zenita Komad
1. Von Februar bis Mai 2024 gab es im MMKK die Ausstellung „Der Krieg ist aus!“, welche einen Querschnitt an Arbeiten aus den vergangenen Jahren sowie neue Werke zum Thema Frieden und Gerechtigkeit der Welt versammelte. Der Ausstellungsuntertitel „Art Is a Doctor“ spiegelte dabei die Rolle der Kunst wider und suggerierte, dass ein Museum zum Ort der Heilung werden kann. Wie sehen Sie im Allgemeinen die Rolle der Kunst als Instrument zur Friedensstiftung im globalen Kontext und ebenso mit Bezug auf Ihre Werke?
Es geht darum, neuen Denkformen und Transformationsprozessen Raum zu geben. Wir wissen eigentlich, dass die einzige Konstante im Universum die Veränderung ist und doch hat der Einzelne und die Gesellschaft Mühe, notwendige Veränderungen anzunehmen und freiwillig umzusetzen. Täglich werden wir mit Nachrichten konfrontiert, die von Zerstörung und Leid berichten. Medien verstärken diese Realität und fungieren häufig als Plattformen für Schmerz und Verzweiflung. Für viele, die auf der Suche nach Identität und Zugehörigkeit sind, wird die ständige Konfrontation mit düsteren Themen zu einer Quelle tiefer Depression.
Es ist an der Zeit, dass wir die zwischenmenschliche Beziehung wieder auf die Prioritätenliste ganz oben - als Quelle des menschlichen Glücks - stellen.
Ich versuche in meinen Arbeiten Werkzeuge an die Hand zu geben, um das Innere zu Stärke. Nur so können wir die Kraft entwickeln, die nicht nur mit den Herausforderungen der Welt konfrontiert ist, sondern die aktiv gestaltet und einen positiven Wandel herbeiführt – ein Wandel, der in jedem von uns beginnt. Der Heilungsprozess, den ich anspreche, bedeutet für mich sehr viel innere Arbeit als Individuum und als Kollektiv.
2. Ihr Repertoire reicht von Zeichnungen über skulpturale Objektbilder bis hin zu raumgreifenden Installationen, wobei die Beschäftigung mit Spiritualität quasi das Herzstück Ihrer Arbeiten bildet. Würden Sie uns kurz mitnehmen in Ihre Gedankenwelt: Was ist für Sie zentral, wenn Sie ein neues Werk erschaffen bzw. was sind Ihre grundlegenden Überlegungen?
Ich lebe in einer permanenten Beziehung mit der Kunst, die ich mache. Sie ist mein Anker, meine Verbindung zur Außenwelt, bedingungsloser Partner und treuer Freund. Die Prozesse, die ich in meinem eigenen Leben durchlebe, werden durch die Produktion kontinuierlich begleitet und im besten Fall gelingt es, das zutiefst Persönliche auf eine gesellschaftliche und übergeordnete kollektive Weise zu lesen. Heute habe ich zum Beispiel einen weiblichen Harlekin gezeichnet, die aussagt, dass die westliche Auffassung der Welt ein Missverständnis ist und dass es eigentlich nur eine Welt gibt, in der alles miteinander verbunden ist. Wenn sich einer entwickelt, entwickeln sich automatisch alle anderen feinstofflich und seelisch mit. Meine Versuche, den Menschen Botschaften zu senden, sind ein Ausdruck des Bedürfnisses nach Verbundenheit und Erkenntnisprozessen.
Was die Spiritualität betrifft, so ist mein Weg der einer Suchenden. Ich suche Wege, stelle Fragen, stolpere, stehe wieder auf, sammle Kraftvolles und aus diesem Erfahrungsschatz gebe ich die Essenzen weiter. Es ist mir ein Anliegen, die Betrachter zu berühren, zu verbinden, herauszufordern, zu irritieren, zu beruhigen, zu trösten und vieles mehr.
3. Ihre Werke laden die Betrachter ein, nachzudenken und zu interagieren. Dabei werden die Arbeiten oft mit geometrischen Mustern versehen bzw. aufgewertet und somit vielschichtiger. Welche Bedeutung hat für Sie das Einbinden geometrischer Formen, die Natur ist uns hier ein Lehrmeister, in Ihre Kunstwerke und wie wichtig ist Ihnen die Verwendung von Symbolen als Ausdrucksmittel?
Mich interessieren die Vernetzungen der Dimensionen. Die vielschichtigen Ebenen, die in der zweiten Dimension notiert werden, können sich durch die Intensität der Interaktion ausbreiten und in der Welt manifestieren. Die Partitur einer Symphonie ergibt nicht nur für diejenigen Sinn, die die weiteren Dimensionen und die Tonfolgen sowie Notenzeichen interpretieren können. Die Kunst liegt nicht nur in den sichtbaren Elementen, sondern auch in der Stille zwischen dem Werk und dem Betrachter. Ich verwende visuelle Systeme als Werkzeuge des Verständnisses und als Trigger. Heilige Geometrien wirken dabei wie ein Skelett der Harmonie, während die anderen Elemente ihm Fleisch und Blut geben.
4. Sie sind Jahrgang 1980 und haben bereits in vielen namhaften Galerien und Museen auf der ganzen Welt ausgestellt. Welche Ziele haben Sie sich für die Zukunft gesetzt um ein sinnerfülltes Leben zu führen, bzw. was sind Ihnen große Anliegen für die Zukunft, die Sie selbst aktiv beeinflussen möchten?
Ich bin dankbar, mit meiner Kunst einen Beitrag zur Gesellschaft leisten zu können. Ich möchte lernen, mein Ego zu beherrschen. Das Leben verlangt nach Demut, nicht nach Stolz. Ich sehne mich danach, Mut und Freude zu entwickeln – sowohl in meinem privaten Leben mit Familie und Freunden, als auch in meinem Wirken. Wenn es mir am Zeichentisch gelingt mich selbst zu vergessen, entsteht meistens ein gutes Blatt. Schließlich wollen wir uns dem Unaussprechlichen nähern.
5. Abschließend: Wenn Sie sich für ein Tier entscheiden müssten, dass Ihre Persönlichkeit am ehesten charakterisiert, dann wäre dies welches und warum?
Vermutlich der Falke. Er symbolisiert für mich eine scharfe Wahrnehmung und sehr viel Mut. Er steht für das Streben nach spirituellem Wachstum und Erkenntnis.