5 Fragen an... Sabine Kristof-Kranzelbinder
1. Sie sind u.a. Schauspielerin, Sprecherin, spielen am Theater und führen Regie… vier Aufgaben mit teils unterschiedlichen Anforderungen. Wo liegen aus Ihrer Sicht die jeweils speziellen Herausforderungen und was schätzen Sie an den einzelnen Bereichen?
Ich bin auch Theaterleiterin (der Kammerlichtspiele Klagenfurt) und diese Aufgabe ist eigentlich die größte Herausforderung, da ich ja Darstellende Kunst und nicht Wirtschaft studiert habe. In der Regiearbeit und als Theaterleiterin brauche ich den Blick auf das große Ganze, Organisationstalent und Führungsqualitäten. Als Schauspielerin und Sprecherin darf ich mich auf die künstlerische Arbeit konzentrieren und das Drumherum ausblenden. Ich mag all meine Tätigkeiten grundsätzlich sehr, wobei ich in den kreativen Tätigkeiten natürlich die größte Erfüllung finde.
2. Zusammen mit Natalija Hartmann gründeten Sie 2017 den Verein Theater KuKuKK. Während sich die Hauptspielstätte im Zentrum der Landeshauptstadt befindet (Kammerlichtspiele Klagenfurt), ist ein wichtiges Zusatzangebot das mobile Theater für ein primär jüngeres Publikum. Ihrem Engagement ist es auch zu verdanken, dass Sie 2021 den Kulturpreis des Landes Kärnten (Förderungspreis für Darstellende Kunst) erhalten haben. Wie würden Sie selbst Ihre Verbindung zur Lindwurmstadt bzw. Kärnten beschreiben?
Ich bin in Klagenfurt geboren und aufgewachsen und hatte eine wunderschöne, unbeschwerte Kindheit und Jugend – im Sommer habe ich im Strandbad „gelebt“ und im Winter habe ich Schifahren auf der Schleppe-Alm gelernt. Nach der Matura am Musikgymnasium Viktring bin ich zum Studieren nach Wien und ins Ausland gezogen und habe fast 15 Jahre nicht in Klagenfurt gelebt. Erst 2013 bin ich aus familiären Gründen wieder „heimgekehrt“ und wohne nun in der Nähe von Klagenfurt. Ich habe nach all den Jahren fern der Heimat ein sehr ambivalentes Verhältnis zu Klagenfurt, weil ich gesehen habe, was anderswo möglich ist – und hier leider nicht. Trotzdem hängt mein Herz an Klagenfurt, denn die Stadt hat einfach enormes Potenzial. Und es leben viele unglaublich tolle, liebe und engagierte Menschen hier.
3. Sie engagieren sich für "Fair-Pay" im Kunst- und Kulturbereich. Auch wenn der Bund im Jahr 2024 das Budget auf 10 Millionen Euro angehoben hat: Was müsste aus Ihrer Sicht getan werden, um wichtige Eckpfeiler für eine faire Bezahlung im Kunst- und Kulturbereich zu setzen und so eine finanziell kalkulierbarere Lebensgrundlage für Künstlerinnen und Künstler zu schaffen?
Zunächst einmal müsste sich das Bewusstsein über den Stellenwert von Kultur bei Politiker*innen und Bevölkerung einstellen. Eine Stadt ohne Kulturbetriebe – egal welcher Sparte – wäre eine arme, eine graue, eine tote Stadt. Und ich spreche hier nicht über „Eventkultur“ mit Party und Remmidemmi. Es gibt in Klagenfurt zig Kulturarbeiter*innen und Kulturstätten, die versuchen, durch leise, feine Töne aufzufallen. Die großartiges Programm bieten. Das ganze Jahr über. Das Förderwesen müsste reformiert werden und bei Veranstalter*innen ein Unterschied gemacht werden zwischen Hobby/Liebhaberei und professionellem Kunstschaffen; die Politik sollte sich überlegen, was sie sich für die Landeshauptstadt wünscht. Großevents veranstalten bzw. einkaufen – ja, aber vielleicht doch zuerst eine entsprechende, inflationsangepasste Unterstützung für Kulturarbeiter*innen aus/in Klagenfurt, die praktisch täglich für die Bevölkerung da sind. Für die meisten heimischen Kulturvereine sind die Höhen der Förderungen derzeit, salopp gesagt, zu viel zum Sterben, aber zu wenig zum Leben. Der Bund und das Land haben erkannt, dass es nicht geht, dass Kulturarbeiter*innen Programm für Kärnten machen und sich dabei selbst ausbeuten. Jetzt wäre es an der Zeit, dass die Stadt auf diesen Zug aufspringt. Das Ziel sollte ja kein System wie z.B. in Amerika sein, wo die Leute Unmengen von Geld für Theater-/Konzertkarten etc. ausgeben müssen. Kultur darf kein Luxusgut, nicht einer elitären Schicht vorbehalten sein, sie muss niederschwellig zugänglich sein und – in unserem Fall – vor allem Kindern und Familien einen leistbaren Kulturgenuss ermöglichen. Davon bin ich zutiefst überzeugt, ich sehe auch wie die Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen fruchtet und wie die Entwicklung von Kindern durch Teilhabe an kulturellen Veranstaltungen oder Workshops unglaublich positiv beeinflusst wird. Mir ist bewusst, dass es finanziell schwierige Zeiten sind – für fast alle Städte. Aber wären der Wille und die Vision seitens der Politik da – gemeinsam könnten wir da schon einiges schaffen.
4. In einem Interview wurde von Ihnen einmal erwähnt, dass Sie gefühlt eine Art „Managerposten“ innehaben: Familie, berufliche Verpflichtungen, verschiedene Theatergruppen, etc. – überall gibt es eine lange Liste an administrativen Dingen zu erledigen. Wie sehr nagt an Ihnen die die Notwendigkeit, kreative Leistungen und administrative Tätigkeiten, die zum Teil sicher zu Lasten der schöpferischen Arbeit gehen, unter einen Hut bringen zu müssen?
Das nagt sehr an mir und beschäftigt mich tagtäglich. Ich sollte gerade zwei Bühnenfassungen für Theaterstücke schreiben, Bücher für die dazugehörige Recherche lesen und mich daneben auf die nächste Rolle vorbereiten. Tatsächlich verbringe ich aber Tage und Nächte über Kalkulationen, Konzept- und Vertragsentwürfen, Einreichungen und Spielplan-Koordinationen. Aber solange es an Geld fehlt, muss/darf ich das alles selber machen. Bewerbungen für eine*n kaufmännische*n Direktor*in nehme ich also gerne entgegen. Hauptkriterium: Freude an ehrenamtlicher Arbeit :-)
5. Mit dem Wissen von heute: Würden Sie noch einmal eine künstlerische Laufbahn einschlagen bzw. welchen Tipp haben Sie für jene Menschen, die ihre Passion ebenfalls in der Kunst sehen?
Ich würde sicher wieder im künstlerischen Bereich tätig sein. Es hat sich auch viel zum Positiven verändert, seit ich angefangen habe. Mit Tipps tu ich mir schwer, weil ich glaube, dass jede*r seinen/ihren eigenen Weg finden muss oder anders gesagt: die richtigen Türen gehen im richtigen Moment eh auf - oder auch mal zu. Ich denke, wichtig ist, dass man an sich glaubt und dass man das, was man tut, aus voller Überzeugung und mit viel Herzblut tut. Kulturarbeit kann sehr an die Substanz gehen. In kaum einem anderen Metier erlebt man so viel Kritik – gute und schlechte. Damit muss man umgehen können und auch das positiv sehen: Kritik bietet ja immer auch die Chance zur Selbstreflexion.