5 Fragen an... HR Prof. Dr. Wolfgang Muchitsch
1. Vor rund einem Jahr, im April 2023, übernahmen Sie die wissenschaftliche Leitung beim kärnten.museum, ehemals Kärntner Landesmuseum, mit seinen Außenstellen. Bitte lassen Sie für uns das Jahr kurz Revue passieren, auch im Vergleich mit dem Universalmuseum Joanneum, bei dem Sie zuvor lange Zeit gearbeitet haben.
Ich habe im kärnten.museum nicht nur ein mittlerweile mit dem Österreichischen Bauherr:innenpreis ausgezeichnetes Haus, sondern vor allem ein hochmotiviertes und engagiertes Team vorgefunden, mit dem ich ein spannendes erstes Jahr erlebt habe. Wir haben uns als Team darangemacht, nicht nur ein gesellschaftlich relevantes Programm, sondern vor allem auch eine tragfähige Strategie für die kommenden Jahre zu entwickeln. Der Vorteil des kärnten.museum im Vergleich zum Joanneum ist sicherlich, dass es eine schlankere und damit wendigere Organisation ist und wir alle gemeinsam im Bürobereich des Sammlungs- und Wissenschaftszentrums in der Liberogasse untergebracht sind, was die Kommunikation miteinander wesentlich erleichtert.
2. Einst nannten Sie drei große Ziele: 1. Ein attraktives Programm, 2. Weiterentwicklung der Standorte und 3. Eine gut aufgestellte Organisation mit stabiler Finanzierung. Wie sehen Sie heute den Stand der Dinge bezüglich Ihrer Vorhaben?
Ich bin mit der Entwicklung in diesen Bereichen sehr zufrieden. So haben wir für 2024 ein abwechslungsreiches, aber auch sehr kritisches Programm entwickelt, mit dem Schwerpunkt rund um die 100jährige Geschichte des Radios in Kärnten, aber auch mit der Bearbeitung von Themen, die bislang zu kurz gekommen sind. Mit der wissens.wert.welt im kärnten.museum werden wir unseren jüngeren Besucher:innen ein spezielles Angebot bieten, z.B. ab Juni mit einer Ausstellung zur Zauberei. Für die Standorte haben wir bereits konkrete Pläne entworfen. So werden wir als ersten Schritt im Jänner 2025 im Zugangsbereich zum Wappensaal des Landtages ein „Tor zur Demokratie“ eröffnen. Und auch bei der Finanzierung unserer geplanten Projekte bleibe ich weiterhin zuversichtlich dank der Unterstützung des Landes, aber auch verschiedener Stiftungen und Sponsoren.
3. Für viele Besucher ist der Aufenthalt im Museum heutzutage eine Freizeitaktivität, auch wenn Museen - historisch gesehen - früher vor allem dazu dienten, exklusive Objekte für eine begrenzte Oberschicht zugänglich zu machen. Wie würden Sie generell die Lage der Museen in Österreich beschreiben und was sind aus Ihrer Sicht derzeit die dringlichsten Aufgaben, denen man sich im Zuge einer kontinuierlichen Weiterentwicklung, u.a. mit Bezug auf das Ausstellungsdesign und der öffentlichen Wahrnehmung, stellen muss?
Seit Jahren erleben die Museum – abgesehen vom Einbruch während der Covid-Pandemie – einen kontinuierlich wachsenden Zuspruch, wobei es gelingen muss, nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität des Museumsbesuchs zu steigern. Die Polikrisen der Gegenwart haben aber auch dazu geführt, dass die Museen ihr Tun und Handeln sehr kritisch hinterfragen, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit und der Verantwortung gegenüber künftigen Generationen. Mit seinen Sammlungen hat das Museum per se einen Generationenvertrag, wenn es darum geht Sammlungen zu erhalten und zu erweitern. Aber auch die Wege, wie Objekte z.B. aus Unrechtskontexten ins Museum gekommen sind, gehören aufgezeigt. Die anfänglich kritisch betrachtete Digitalisierung ist mittlerweile auch im Museum eine Selbstverständlichkeit geworden, um den Zugang und die Vermittlung der Sammlungen zu erhöhen.
4. Der Internationale Verband für Museen ICOM hat im Jahre 2022 eine neue Museumsdefinition verabschiedet, die wie folgt lautet: "Ein Museum ist eine nicht gewinnorientierte, dauerhafte Institution im Dienst der Gesellschaft, die materielles und immaterielles Erbe erforscht, sammelt, bewahrt, interpretiert und ausstellt. Öffentlich zugänglich, barrierefrei und inklusiv, fördern Museen Diversität und Nachhaltigkeit. Sie arbeiten und kommunizieren ethisch, professionell und partizipativ mit Communities. Museen ermöglichen vielfältige Erfahrungen hinsichtlich Bildung, Freude, Reflexion und Wissensaustausch." Welche Aspekte dieser Definition sind Ihnen besonders wichtig und warum?
Ich denke, dass es uns immer wieder aufs Neue gelingen muss, zu vermitteln, dass das Museum ein ganz besonderer Ort des zivilgesellschaftlichen Diskurses zu den großen Fragen und Herausforderungen ist, bei dem alle einbezogen werden müssen. Das kärnten.museum ist das Museum aller Menschen, die in Kärnten leben. Und dass das Museum historische Rückblicke genauso anbieten muss, wie eine kritische Reflektion der Gegenwart und Optionen für künftige Entwicklungen der Gesellschaft. Dabei ist mir vor allem die Vermittlung wichtiger Grundwerte des gesellschaftlichen demokratischen Miteinanders ein besonderes Anliegen.
5. Wenn Sie einmal nicht Ihren beruflichen Agenden nachgehen, entspannen Sie am besten bei…
...der Lektüre eines guten Buches, der Arbeit im Garten oder sportlichen Aktivitäten in der freien Natur.