5 Fragen an... Dr. Herwig Oberlerchner
1. Würden Sie uns kurz erläutern, was Ihre Beweggründe gewesen sind ein Figuren-Museum für Kaffeebeigaben zu eröffnen und wie Ihre Leidenschaft für die Thematik geweckt wurde?
Ich sammle mit unterschiedlicher Intensität seit meinem 4. Lebensjahr. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Figuren aus dem Linde-Kaffee, die ich in der Küche der Urgroßmutter aus den Packungen holte. Durch Flohmarktbesuche und Sammlerbörsen und Aufkauf von Sammlungen konnte ich dieses Sammelgebiet fast komplettieren. Als ich dann im Keller des Hauses die Sammlung nur mehr unbefriedigend lagern und betrachten konnte, entstand der Entschluss sie auch zu präsentieren, das einerseits über meine Homepage, andererseits über die Gründung des Museums. Sammeln war und ist für mich eine Kraftquelle, eine Ressource, ein Ausgleich, insbesondere während der anstrengenden Zeit meines Primariats an der Klagenfurter Psychiatrie.
2. Sie sind u.a. Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeut… kann die Assoziation mit „Kindheitserinnerungen“ – wie sie beim Betrachten der Kaffeebeigaben bei einigen Menschen entstehen – nicht nur Gefühle und Erinnerungen hervorrufen, sondern auch eine kathartische Wirkung haben und wenn ja, könnten Sie dies näher ausführen?
Die Bedeutung des Sammelns für mich in meiner Kindheit habe ich meinem Buch "Das Schweigen wird laut" (Heyn-Verlag) dargestellt, ich versuchte Ordnung in meine unübersichtliche Familie zu bringen, auch Verlustängste zu bekämpfen. Wir hatten im Museum seit der Eröffnung im Oktober 2021 ca. 6000 BesucherInnen und viele Menschen haben zu diesen Figuren einen starken Bezug und damit auch zu ihrer Kindheit, wuchsen doch zwei Generationen von Kindern mit Kaffeebeigaben als Spielzeug auf. Die Figuren wecken tiefe Emotionen und starke Bilder an unbeschwertes Spielen aber auch belastende Lebenssituationen. Viele "Kinderaugen" in den erwachsenen BesucherInnen lachen und strahlen, manche weinen.
3. Sammeln kann Fluch oder Segen sein. Aus psychologischer Sicht: Warum kann eine Sammelleidenschaft für das Wohlbefinden einer Person förderlich sein, bzw. wie kann man jenen Menschen helfen, bei denen das Sammeln zur krankhaften Sucht wird?
Sammeln ist ein uraltes Phänomen, garantierte es doch in früheren Zeiten das Überleben. Später dehnte sich das Sammeln auf besondere Gegenstände aus, die oft nur subjektiven Wert hatten. Dieses Sammeln aus Freude ist Grundstock vieler Museen. Das Sammeln kann aber auch ausarten und zur "Besessenheit" werden mit der Maximalvariante des Vermüllungssyndroms, wo Menschen dann Hilfe brauchen, sei es psychiatrische und/oder psychotherapeutische. Denn diese Menschen (und oft auch ihre Umgebung) haben einen hohen Leidensdruck und kommen alleine aus dieser Situation nicht mehr raus. Hier kann der Krisendienst in Kärnten eine erste Hilfestellung darstellen.
4. Wie ist das allgemeine Feedback der Besucher des Museums und gibt es eine Begebenheit, die Ihnen speziell in Erinnerung geblieben ist?
Das Museum hat inzwischen einen großen Bekanntheitsgrad, einige BesucherInnen reisen gezielt an, viele kommen spontan. Insbesondere in den Sommermonaten ist das Interesse sehr groß. Einige Menschen huschen durch, andere verharren stundenlang vor den Vitrinen, lassen sich intensiv auf das Thema ein. Besondere Episoden gab es schon sehr viele, eine über 80-jährige Frau, die mir die Schätze ihrer Kindheit anvertraute, eine besonders lustige Führung mit 9 Personen aus Hongkong, eine weinende Frau, die sich an die Kargheit ihrer Kindheit erinnerte, Erzählungen von selbstversunkenen Spielen mit den Karl May Figuren in der Sandkiste. Viele Erinnerungen an Tauschen und Tandeln und das Aufbewahren der Schätze der Kindheit bis heute.
5. Abschließend: Wie steht Ihre Familie zum Figuren-Museum und was ist die Zielsetzung für die Zukunft des Privatmuseums?
Meine Familie kennt mich schon immer als Sammler und Bewahrer. Meine Söhne begleiteten mich oft zu Flohmärkten und Tauschbörsen, viele Mitglieder der Großfamilie waren schon im Museum und teilen meine Freude über diesen erfüllten Traum. Meine Begeisterung hält an, vor allem, weil mir noch einige wenige Sachen fehlen. Ich bin selber sehr gerne in diesem wunderschönen Raum, gehe die Vitrinen durch, es ist eine Seelenoase. Schön wäre es, wenn ich einen angrenzenden Raum dazubekommen würde. Und auf weitere Begegnungen freue ich mich auch.