Kärntens Gemeinden droht ab Mitte 2024 die Zahlungsunfähigkeit
Kärntens Gemeinden droht die Zahlungsunfähigkeit! Erhebungen von Gemeindebund und Städtebund zeigen, dass für 2024 keine einzige Gemeinde ein ausgeglichenes Budget vorlegen kann. So eine Situation gab es noch nie. Und das, obwohl Kärntner Kommunen österreichweit die geringste Pro-Kopf-Verschuldung und niedrige Personalstände (je 1.000 Einwohner) vorweisen können! Die Ursache des Finanz-Desasters sind fremdbestimmt:
- Nur geringe Einnahmenanstiege durch ein bescheidenes Ergebnis beim Finanzausgleich,
- die Fortschreibung von Defiziten aus dem Jahr 2023 und vor allem
- die massiven Anstiege bei Transferzahlungen an das Land. Dies betrifft die Bereiche Pflege, Krankenanstalten, Chancengleichheit, Sozialhilfe, Kinderbildung- und -betreuung und Kinder- und Jugendhilfe. Hier sind Steigerungen von bis zu 41 Prozent zu beklagen. Der Kostenbeitrag der Gemeinden für den Verkehrsverbund steigt sogar um 60,5 Prozent!
„Rechnet man die Rahmenbedingungen hoch, ergibt sich ein Budgetloch von 160 Millionen Euro. Und das ist konservativ berechnet.“
Städtebundobmann Günther Albel und Gemeindebundpräsident Günther Vallant
Kolportierte Nachverrechnungen für KABEG-Kostensteigerungen aus dem Jahr 2022, ein neues Gehaltsmodell der KABEG und Nachverrechnung für Sozialumlagen aus 2023 an das Land, sowie die zu erwartende Anhebung des Sockelbeitrags für Pflegeheime seien nicht eingerechnet. Zum Vergleich: Das Gesamtbudget des Gemeindereferats des Landes beträgt rund 100 Millionen Euro.
Zahlungsunfähigkeit spätestens im Herbst 2024
Die Folgen für Gemeinden und ihre Bürgerinnen und Bürger sind dramatisch: Viele Gemeinden sind gezwungen, ihren Abgang 2023 über Konto-Überziehungsrahmen ins Jahr 2024 mitzunehmen. Ohne zusätzliche Finanzmittel gehen den Gemeinden, je nach Ertragslage, Mitte des Jahres bzw. im Herbst 2024 die liquiden Mittel zur Deckung der laufenden Ausgaben aus. Geplante Investitionen sind hier nicht eingerechnet!
Die Folgen wären eine volkswirtschaftliche und gesellschaftspolitische Bankrotterklärung:
- Gemeinden hätten als größte öffentliche Investoren keine Investitionsspielräume mehr. Dies führt zu einem weiteren Rückgang im ohnehin schwächelnden Baubereich.
- Investitionen in Kinderbetreuung, Energiewende und Öffi-Ausbau kämen zum Erliegen.
- Sinnvolle Projekte müssten eingestellt werden. Gemeinden müssten sich auf jene Bereiche re-duzieren, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind. Dies hätte katastrophale Auswirkungen auf Vereine, Kultur, Sport, auf das gesamte Gesellschaftsleben.
Um den Finanzkollaps der Gemeinden doch noch zu verhindern, fordern Kärntens Interessensvertreter von Städtebund und Gemeindebund die Einberufung eines „Kommunalen Finanzkrisengipfels“ sowie die rasche Umsetzung folgender Maßnahmen:
- Entlastung der Gemeinden von Zahlungen in Bereichen, in denen sie keine Einflussmöglichkei-ten haben (Beispiele: Landesumlage 45 Millionen Euro, Krankenanstalten 90-108 Millionen)
- Senkung des Umlagenschlüssels in der Kinder- und Jugendhilfe auf 50:50 mit Jahreswechsel.
- Verlagerung von systemfremden Zahlungspflichten der Schulerhalter in das System der Chan-cengleichheit (2,5 Millionen Euro).
- Adäquate Beteiligung der Gemeinden an dem auf Landesebene aufzuteilenden Zukunftsfonds gemäß Finanzausgleich (rund 66 Millionen Euro für Kärnten).
- Überfällige Reform gemeindeeigener Abgaben wie der Zweitwohnsitzabgabe und Schließung von Steuerschlupflöchern (sieben Millionen Euro). Damit verbunden ist auch die Umsetzung der „Leerstandsabgabe“, die es in Tirol, Salzburg, Steiermark und Vorarlberg bereits gibt.
Bundesregierung vernachlässigt Pflichten
Besonders in die Pflicht nehmen Städtebund und Gemeindebund den Bund. Seit dem 2. Halbjahr 2022 verzeichnet Österreich eine konjunkturelle Abkühlung, 2023 stagniert die Wirtschaft sogar. Auch für 2024 ist nur ein minimales Wirtschaftswachstum zu erwarten, man spricht von 1,4 Prozent. Zudem hat der Bund einseitig, ohne finanzielle Kompensation für Städte und Gemeinden, Maßnahmen wie die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Photovoltaikanlagen beschlossen und somit zusätzlich die Ertragsanteile verkürzt.
Österreichs Inflationsrate ist mittlerweile um 42 Prozent höher als jene in Deutschland! Im Euro-Raum liegt die Teuerungsrate im Schnitt bei 2,9 Prozent, in Österreich im Oktober 2023 weiterhin bei 5,4 Prozent und somit der höchsten in Westeuropa.
„Was wir gesehen haben: Der Bund ist sich in den laufenden Finanzausgleichsverhandlungen seiner Verantwortung nicht bewusst geworden. Er trägt daher die Verantwortung für die drastischen Verschlechterungen in allen Bereichen der Gesellschaft und muss gegensteuern“, sagen Albel und Vallant. Sie fordern:
- Die ab 2025 zurückzuzahlenden Vorauszahlungen von Ertragsanteilen an die Gemeinden von österreichweit 300 Millionen Euro sollen vom Bund in einen „verlorenen Zuschuss“ umgewan-delt werden. Mit diesen Vorauszahlungen sollen ja die derzeit sinkenden Ertragsanteile abge-federt und Liquidität gewährleistet werden.
- Zudem müssen die vorgesehenen Mittel verdreifacht werden
- Dringend erforderlich wäre auch eine Abänderung der Vorgaben des Kommunalinvestitions-gesetzes, da die Kommunen die verpflichtende 50 Prozent Mitfinanzierung aus Eigenmittel nicht mehr erbringen können. Dies wäre notwendig, um wichtige Investitionen und Energie-sparmaßnahmen doch noch zu ermöglichen.
Städtebund und Gemeindebund ersuchen zudem Landeshauptmann Peter Kaiser, als Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, sowie Landeshauptmannstellvertreterin Gabriele Schaunig für die bevorstehende Landesfinanzreferentenkonferenz, die dramatische Situation der Kommunen zu thematisieren und in Nachverhandlungen mit dem Bund zusätzliche Mittel sicherzustellen.