Natura 2000 in Klagenfurt
Mit dem europäischen Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 sollen die natürlichen Lebensräume Europas und die darin lebenden seltenen Tier- und Pflanzenarten dauerhaft gesichert werden. Rechtliche Grundlagen des Biotop- und Artenschutzes innerhalb der Europäischen Union sind die Vogelschutzrichtlinie sowie die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, auch FFH-Richtlinie genannt.
Zur Umsetzung dieser Richtlinien sind die einzelnen Mitgliedsstaaten verpflichtet; die Ausweisung entsprechender Gebiete erfolgt nach fachlichen Kriterien durch die Naturschutzabteilung des Landes Kärnten. Im Stadtgebiet von Klagenfurt am Wörthersee sind derzeit drei Natura 2000 Gebiete ausgewiesen, von denen das Gebiet Lendspitz-Maiernigg als Europaschutzgebiet auch rechtlich durch das Land Kärnten verordnet ist (Stand Juli 2022).
Die zwei weiteren sind der Ziegelteich bei Hörtendorf (Vorkommen der Bauchigen Windelschnecke) und der Schlosspark Krastowitz (Vorkommen des Juchtenkäfers). Die Abteilung Klima- und Umweltschutz des Magistrats Klagenfurt betreut die Natura 2000 Gebiete und sorgt für die Umsetzung von wichtigen Schutzmaßnahmen nach den gesetzlichen EU-Vorgaben.
Mit seinen 77,4 Hektar umfasst das Gebiet auch Teile der 1970 verordneten Landschaftsschutzgebiete Lendspitz-Siebenhügel und Maiernigg und weist 8 verschiedene Moor- und Feuchtlebensräume auf, die Habitat für zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten sind.
Es sind dies oligo- bis mesotrophe Seen mit Armleuchteralgen-Beständen, natürliche eutrophe Gewässer mit Laichkraut- oder Wasserpflanzen-Gesellschaften, Pfeifengraswiesen und Kalkreiche Niedermoore, Kalkreiche Sümpfe mit Schneidried, Magere Flachlandmähwiesen sowie die Waldtypen Hainsimsen-Buchenwald und Illyrischer Eichen-Hainbuchenwald, die kleinflächig auf den Hügelstandorten wachsen.
Das Gebiet ist ein wertvolles Vogelschutzgebiet: 180 verschiedene Vogelarten wurden in den letzten 40 Jahren hier nachgewiesen. Besonders bedeutend ist das Gebiet für Wasservögel wie die Zwergdommel (Vogelschutzrichtlinie Anhang I), das Teichhuhn, das Blesshuhn und den Rohrschwirl sowie für zahlreiche Wintergäste der Vogelwelt aus dem Norden, für die die Wörthersee Ostbucht ein wichtiges Trittsteinbiotop darstellt. Auch Eisvogel und Neuntöter, sowie fünf verschiedene Spechtarten wie der Grauspecht, der Schwarzspecht (Vogelschutzrichtlinie Anhang I), der Grünspecht, der Buntspecht und auch der Wendehals können im Gebiet beobachtet werden.
Von europäischem Interesse ist auch die winzige und selten nachgewiesene Bauchige Windelschnecke, die versteckt im Schilfgürtel Algen auf Feuchtpflanzen abgrast, sowie die Würfelnatter, eine ungiftige Wasserschlange, die in der Uferzone nach kleinen Fischen jagt.
Unter den Säugetieren ist vor allem der Biber relevant, der seit 2004 am Seeabfluss nachgewiesen wurde und vor allem im Winter seine Spuren hinterlässt. Weiteres nutzen elf verschiedene Fledermausarten das Gebiet als Jagdrevier, darunter die Kleine Hufeisennase, die nach der FFH-Richtlinie Anhang II geschützt ist.
Beim GEO-Tag der Artenvielfalt 2015 wurden von 45 Biolog:innen innerhalb von 24 Stunden nahezu 1000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten gefunden. Ebenfalls im Jahr 2015 wurde der aktuell gültige Managementplan (von E.C.O. - Institut für Ökologie) fertiggestellt. Seither sind im Rahmen des Projektes „City meets Nature“ zahlreiche Schutz-, Pflege- und Bewusstseinsbildungsmaßnahmen im Gebiet umgesetzt worden. Ziel der Maßnahmen ist es, den natürlichen Charakter des Gebiets langfristig zu bewahren und als Lebensraum für die europaweit bedrohten Tier- und Pflanzenarten zu sichern und qualitativ weiter zu entwickeln. Die größte Herausforderung für das Management ist die Balance zwischen Schutz und Freizeitnutzung.
Eine Ausweisung als Ramsar-Schutzgebiet wird derzeit angestrebt – diese Auszeichnung für nachhaltig „gemanagte“ Feuchtgebiete würde der Stadt eine positive internationale Wahrnehmung garantieren.
Nachstehend finden Sie einige Dokumente zum Herunterladen, die das Natura 2000-Gebiet und dessen Schutzmaßnahmen im Detail beschreiben.
Interessante Broschüren zum Thema Naturschutz finden Sie auch im Bereich Infomaterial.
Bildergalerie ESG Lendspitz-Maiernigg
Am Gelände der ehemaligen Ziegelei wurden in den Jahren 2006/2007 umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen für den Bau des IKEA im unmittelbaren Umfeld des Ziegelteichs errichtet. Dazu wurden unmittelbar angrenzend zum Ziegelteich zwei größere Teiche und mehrere Kleingewässer als Laichhabtat für Amphibien angelegt.
Ziel war es, das Lebensraumangebot für Feuchtgebietsarten zu erweitern. Dies ist gelungen: Am 6,8 ha großen Gelände können derzeit acht nach der FFH-Richtlinie geschützte Tierarten und drei FFH-Lebensräume aufgefunden werden. Es sind dies natürliche eutrophe Gewässer mit Laichkraut- oder Wasserpflanzen-Gesellschaften, Magere Flachlandmähwiesen sowie kleinflächig der Waldtyp Illyrischer Eichen- Hainbuchenwald in einer feuchten Ausprägung.
Ein verstecktes Biotop
Das Gebiet weist sechs verschiedene Moor- und Feuchtlebensräume auf. Zusätzlich grenzt eine mit Bäumen reich strukturierte Magerwiese und ein Waldstück mit zahlreichen Altbäumen von Eichen und Eschen an. So ist der Bereich inmitten der ansonsten intensiv landwirtschaftlich genutzten Ackerlandschaft ein kleines Stück Natur, das durch die Lebensraumvielfalt des „Edge-Effekts“ unterschiedlichsten Habitat-Ansprüchen gerecht wird.
Teile des Gebiets wurden 2009 als örtliches Naturdenkmal Ziegelteich bei Hörtendorf ausgewiesen. Im ehemaligen Sumpfgebiet um die Ziegelei gibt es praktisch keine natürlichen Zuflüsse in Form von Fließgewässern. Der Teich und das Gebiet werden rein aus Hangwasser und Oberflächenwasser bzw. Niederschlagswasser gespeist.
Wichtigstes Schutzgut ist die europaweit prioritär geschützte Bauchige Windelschnecke (FFH-Richtlinie Anhang II), die sich von Algenrasen auf den Sumpfpflanzen ernährt. Das winzige, eher immobile Tier ist besonders auf eine kontinuierliche Bodenfeuchtigkeit angewiesen.
Besonders bedeutend ist das Gebiet für Amphibien: Europaweit geschützte Arten (FFH-Richtlinie Anhang II und IV) wurden hier in größeren Populationen festgestellt. Vor allem Springfrosch und Laubfrosch wurden zahlreich nachgewiesen, aber auch Balkan-Moorfrosch, Alpenkammmolch und Gelbbauchunke finden einen passenden Lebensraum. Auch Libellen, darunter die seltene Große Moosjungfer (FFH-Richtlinie Anhang II und IV), konnten jagend beobachtet werden.
Unter den Säugetieren sind diverse Fledermäuse relevant: Das große Mausohr und die kleine Hufeisennase (FFH-Richtlinie Anhang II) nutzen das Gebiet als Jagdrevier, die Mopsfledermaus (FFH-Richtlinie Anhang IV) findet passende Quartiere in den Altbäumen.
Im Jahr 2022 wurde der aktuell gültige Managementplan (von E.C.O. - Institut für Ökologie gemeinsam mit der Arge NATURSCHUTZ) fertiggestellt. Seither werden im Rahmen des Projektes „Moor4Klagenfurt“ zahlreiche Schutz- und Pflegemaßnahmen im Gebiet umgesetzt. Ziel der Maßnahmen ist es, den natürlichen Charakter des Gebiets langfristig zu bewahren und den Lebensraum für die europaweit bedrohten Tierarten zu sichern und qualitativ weiterzuentwickeln.
Die größte Herausforderung für das Management ist das geeignete Maß an Pflege, um die Flächen offen zu halten und doch den kleinteiligen natürlichen Charakter zu bewahren. Klimawandel im Zusammenhang mit der zunehmenden Trockenheit sowie der drohende Verlust der Altbäume im Zusammenhang mit dem Eschentriebsterben sind aktuelle Gefährdungen. Eine weitere Herausforderung ist der starke Neophytenbewuchs, der sich durch Aussetzen eben dieser Gebietspflege in der Vergangenheit weiter ausbreiten konnte. Die rechtliche Verordnung des Gebiets als Europaschutzgebiet durch das Land Kärnten wird derzeit angestrebt.
Nachstehend finden Sie einige Dokumente zum Herunterladen, die das Natura 2000 Gebiet und dessen Schutzmaßnahmen im Detail beschreiben: